Verzögerter Spracherwerb

Manche Kleinkinder (ab 2 Jahren) erlernen die Sprache sehr verlangsamt. Dabei fällt auf, dass sie nur wenige Wörter sprechen (= geringer Wortschatz) und diese Wörter oft nicht korrekt sprechen können; bestimmte Laute können sie nicht bilden (= Stammeln). Sie reihen oft Wörter regellos nach subjektiver Bedeutung aneinander (= Dysgrammatismus). Wenn ein geringer Wortschatz, Stammeln und Dysgrammatismus gemeinsam überwiegend unverändert über einige Monate auftreten, spricht der Fachmann von einer Sprachentwicklungs – Verzögerung (= SEV). Eine Stagnation im Spracherwerb deutet in der Regel auf eine ernstzunehmende Störung hin. Kinderärzte beruhigen die Eltern oft mit der Bemerkung: “Das gibt sich noch!” Ob nun eine Störung im Sprachverständnis (= rezeptiver Spracherwerb) oder mehr im Sprechvermögen (= expressiver Spracherwerb) vorliegt, kann ein erfahrener Sprachheilpädagoge relativ rasch und sicher beurteilen.

Merkmale

Die Auffälligkeiten bei Spracherwerbsstörungen sind so vielfältig, dass wir uns an dieser Stelle auf einige wesentliche beschränken:

  • Sauerstoffmangel bei Geburt
  • Ohrenkrankheiten, häufige Mittelohrentzündungen
  • Saug-, Kau-, Schluck- und Atembeschwerden (mundmotorische Ungeschicklichkeit)
  • auffällige grobmotorische Defizite: ängstlich beim Klettern, meidet Radfahren, Ballspielen herumtollen u.a.m.
  • feinmotorische Auffälligkeiten: kann mit Löffel und Gabel nicht angemessen umgehen, hält einen Stift unbeholfen, meidet Ausschneiden, Malen, kann keine Schnürsenkel binden u.a.m.
  • Denken und Sprache klaffen auseinander: In sprachfreien Bereichen erzielt das Kind erstaunliche Leistungen; es kann aber sein Denken nicht angemessen in Sprache fassen. Es baut sinnvoll mit Legosteinen und spielt einfache Brett- oder Kartenspiele.
  • Sprach- oder auditives Gedächtnis: Das Kind vergisst relativ rasch Wörter.
  • Sprachverständnis: Das Kind führt verbale Anweisungen aus, kann sie aber nicht sagen; lässt sich sich gerne Geschichten erzählen und hört aufmerksam zu!
  • Sozialverhalten: Das Kind wird schlecht oder gar nicht von Anderen verstanden; wird deshalb von anderen Kindern gemieden oder abgelehnt.
  • Reaktionen: Das gestörte Kind zieht sich zurück, wird still, scheu, ängstlich, weinerlich, spielt allein. Es kann aber auch sein, dass es wütend und aggressiv wird, unartikuliert herumschreit und andere Kinder schlägt. Von der Mutter wird das Kind oft verstanden. Bei ihr fühlt es sich sicher. Es hält sich am liebsten bei der Mutter auf. Bei Trennungen von der Mutter kommt es nicht selten zu Szenen! Bei Anderen fühlt es sich unsicher und meidet neue Situationen.

Ursachen

Spracherwerbsstörungen können die unterschiedlichsten Ursachen haben. Zuerst sollte geklärt werden, ob das Gehör und das Sehen in Ordnung sind. Die Aufnahme, Verarbeitung und Ausgabe von Sinneseindrücken und deren Vorstellungen können in Teilbereichen funktionsuntüchtig sein. Um bei kleineren Kindern zu einer klaren Diagnose zu kommen, ist die Mitarbeit der Eltern unerlässlich.

Die Fragestellung lautet:

  1. Liegt eine Stagnation im Spracherwerb vor?
  2. Wenn ja, wo sitzt die Störung?
  3. Wie können die Dysfunktionen aktiviert werden?

Es kommt vor, dass nur eine von vielen Sprachfunktionen untüchtig ist: diese eine Dysfunktion kann den gesamten Spracherwerb blockieren; dies trifft z.B. dann zu, wenn das Hörwahrnehmungs- Verarbeitungstempo stark herabgesetzt ist.